Sonntag, 27. März 2011

Stopski

Herfried Stopski rieb sich genüsslich den Bauch und legte sein Silberbesteck wieder auf die Tischdecke. Er hatte es zu was gebracht. Wer hätte das gedacht, nachdem er damals in Vallussa als abgemagerter Matrose auf das Schiff gestiegen war. Nun, Phex hatte ihm nicht übel mitgespielt und dafür ließ er auch öfter eine Münze das Dankes in den ein oder anderen grauen Handschuh fallen. Zufrieden lächelte er seinen vier braven Kindern zu die wie die Panflötenrohre aufgereiht am Tisch saßen und noch aßen und blickte dann zu Madilda, seinem Eheweib. Wieder fiehl ihm auf, dass sie älter geworden war. Madilda war nie dünn gewesen, hatte aber nun an den 'richtigen Stellen' etwas zu viel zu gelegt, vor allem seitdem sie die zweite Magd genommen hatten und sie sich garnicht mehr an der Hausarbeit beteiligte. Den Mund abtupfend schielte er zu Balma und Punisa hinüber, den zwei Mägden die sie sich genommen hatten. Beide kamen aus dem Volk der Miniwatu und verrichteten nun, unter Anweisung seines Weibes, die Hausarbeit. Jetzt standen sie an der Wand und warteten ab bis die Herrschaften gegessen hatten. Die Herrschaften!-  Ja, Stopski, Du hast es geschafft! Ging es ihm durch den Kopf: Hafenmeister von Port Stoerrebrand, eine zufriedene Familie, Angestellte die mich bedienen wo ich will und genügend Gold auf dem Konto des Stoerrebrandschen' Kontors. Balma war die jüngere von beiden und Stopskis Blicke wanderten über ihre ansehnlichen Formen. Obwohl er den Gedanken unterdrückte entkam er ihren Reizen nie vollends. Immer wieder erwischte er sich bei dem Gedanken wie und wo er sie vögeln könnte. Immer und immer wieder. Vielleicht sogar wenn sein Weib dabei zuguckte! Stopski tupfte sich den Schweiß von der Stirn und bemerkte wie Madilda ihren letzten Bissen verschlang.
Innerlich seufzte er als er zum Dankgebet an Travia nach dem Essen ansetzte und stumm eine Bitte für seine eigene eheliche Treue anhängte. So weit würde es noch kommen, dass eine Miniwatu ihn verführte. Ausserdem liebte er seine Kinder u sehr. Und seine Frau ebenso - eigentlich. Wahrscheinlich war es nur die fremdländische Exotik, die ihm an dieser Magd gefiehl und die ihn schon damals bewogen hatte überhaupt an Bord des Schiffes gen' Süden zu gehen.
Alle erhoben sich nach ihm und er wünschte seiner Familie noch einen schönen Tag, bevor er sich wider der Tür zuwandte um zur Hafenmeisterei arbeiten zu gehen. Balma reichte ihm an der Tür seinen Mantel und den Stock und blickte unterwürfig zu ihm hoch. Ihre prallen Lippen und ihr enges Mider gabe ihr ein verführerisches Aussehn. Wieder der Gedanke es gleich hier zu tun. Sie lächelte ihm wohlwollend zu und richtete eine Falte in seinem Gewand, bevor sie diensteifrig einen Knicks machte und die Tür hinter ihm schloss. Biest! - dachte Stopski und lächelte dünn, bevor er sich die Stirn abtupfte und die Straße zum Hafen hinuntertänzelte...

Die Straßen von Sylla

Rhadirel war der Sohn vom 'Weidener'. Eigentlich hieß sein Vater Geron, aber man nannte ihn nur Weidener, da der ferne Ort von dem er ursprünglich kam so hieß. Rhadirel hatte eh nie viel mit seinenm Vater zu tun gehabt bis vor einiger Zeit. Der Weidener war schon immer zur See gefahren und wenn er zu Hause gewesen war, hatten sich er und seine Geschwister meist zurückgezogen. Der Weidener war kein Mann von großer Geduld gewesen und hatte gern und schnell mal ausgeholt wenn sein Geduldsfaden gerissen war, auch gegen seine Mutter. - Der Frau der Rhadirel alles verdankte und die er über alles geliebt hatte. Die Frau die die Familie  durch gebracht hatte. Rhadirel war alt genug und wusste, dass sie das nicht nur mit dem spärlichen Einkommen geschafft hatte, mit dem der Weidener seine "Familie" alle paar Monate abgespeist hatte, nachdem er den Großteil seines Geldes versoffen und verhurt hatte. Seine Mutter hatte auf alle erdenklichen Wege Geld verdient, und das in den wenigsten Fällen auf angenehme Art und Weise. Oft genug hatte sie insgeheim andere Männer zu Besuch gehabt und ihren Kindern eingeschäft es ja nicht 'Vater' zu erzählen. Sie hatte das  nur getan um ihrer Familie, ihren Kindern, etwas zu Essen kaufen zu können. Vor einigen Tagen dann war das Fass übergelaufen, als seine Mutter ihr neues Kind bekommen hatte. Doch es war nicht mit der 'Praiosmähne' gesegnet wie er und seine Geschwister, sondern hatte dunkele und krause Haare und einen dunkelen Hautton gehabt. Man hatte direkt erkannt, dass das Kind nicht vom Weidener hatte stammen können. Es hatte wohl Mohablut in sich. Normalerweise wäre die Sache zu kaschieren gewesen - auf die ein oder andere Weise. Man hätte das Kind zum Beispiel abgeben können bei einem Heim, davon gab es schließlich genug, auch wenn sie ärmlich waren eine Chance! Vielleicht wäre es auch einfach gestorben, wie so viele Kinder. Doch dann war der Weidener nach Monaten, genau in diesem ungünstigsten Moment, Heim gekommen und hatte das Kind gesehen. Rhadirel hatte seinen Vater nie so wütend erlebt. Er hatte seine Frau windelweich geprügelt und auch Rhadirel geschlagen, als er sich dazwischen gestellt hatte. Er hatte ihn mit einem Hieb ohnmächtig geschlagen. Als Rhadirel aufgewacht war, sah er den größten Schrecken seines noch nicht allzu langen Lebens: Seine geliebte Mutter lag vor ihm in ihrem Heim auf dem kärglichen Holzboden und atmete nicht mehr. Um ihn herum weinten die Kleinen - und der Weidener saß am Tisch und soff weiter und murmelte auf dem immer fremd gebliebenen Dialekt aus seiner fernen Heimat Flüche. "HALTET ENDLICH DAS MAUL!" hatte er plötzlich gebrüllt. Vielleicht nicht das erste mal, irdendwovon war Rhadirel wach geworden.  Sein Gesicht glühte noch immer von dem Hieb seines Erzeugers. "Mutter... " murmelte er. Der Blick des Weideners verdunkelte sich und Zorn stieg in seine Augen. "Du bist also wach," troff seine Stimme vor Wut, "na dann kann ich dich ja zur Wache bringen damit du deine Untat gestehen kannst". Rhadirel begriff nicht, sein Geist war noch zu umwölkt von dem Anblick seiner Mutter und der Benommenheit vom Hieb seines Vaters, als der Weidener ihn packte. "Du kleiner Hurensohn hast deine eigene Mutter ermordet!" brüllte ihm der Weidener ins Gesicht. - Nein! schrie es in Rhadirels Geist. Doch er war nicht fähig zu einer Reaktion, als sein Erzeuger ihm wiederum ins Gesicht schlug. "Dafür kommst Du aufs Schafott! Wenn Du Glück hast...oder auf die Galeere!" Rhadriel bemerkte wie das Gesicht des Weideners sich seinem näherte. Sein eigener Blick war zu verschwommen aber er roch den starken Syllarak-Geruch der von seinemm Vater aus ging. Der Weidener flüsterte bedrohlich weiter: ".. und wenn Du nicht tust, was ich sage, du kleiner Hundsfott, könnte deinen Geschwistern was' geschehen. Und das willst Du doch nicht, oder?" In Rhadirels Geist stieg Zorn und Wut über seinen Vater und über seine eigene Ohnmacht auf. Panisch schlug er die geschwollenen Augen auf, so weit er konnte und blickte in die unerbittlichen Augen des Weideners. Er wusste, das der es ernst meinte. Ihm stiegen Tränen in die Augen. All das überforderte ihn, sein Herz raste panisch. Nur wie im Traum bemerkte er, wie er nach dem Messer griff und es nach vorne stieß...

... Einige Monate später ...

"Der hübsche Jüngling dort" deutete der Fremde auf den Blondschöpfigen. Gneza grinste schief, als hätte sie den Fremden richtig eingeschätzt: "Der ist nicht zu haben, Senior, aber wir haben noch andere Ware". Etwas enttäuscht zog der Fremde eine Lippe und blickte der Alten ins Gesicht.
"Warum, was ist mit ihm?" fragte der Mann kühl und zupfte seine Hemdsärmel aus dem Mantel.
"Er ist kein Liebesknabe", meinte Gneza und spuckte Quwa'u in ihren Spucktopftopf, "und auch nicht mein Sklave. Sein Vater wurde angeklagt weil er seine Mutter erschlagen hat und die Kinder wurden verkauft um die Kosten fürs Gericht zu decken. Armer Junge. Seit dem arbeitet er für mich.. Als Laufbursche."
Der Fremde starrte in Rhadirels Richtung. "Ich will ihn ."
Gneza kicherte, wie so oft. Diese Leute ließen sich meist mit einer traurigen Geschichte ein wenig im Preis in die Höhe treiben: "Alles hat seinen Preis,... "

Donnerstag, 10. März 2011