Freitag, 13. Februar 2009

Verdammnis. - Teil 8

(Nach Gebrüder Grimm, www.maerchen.org)

Es war einmal, mitten im Winter, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schweren Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und vom Schnee aufblickte, stach sie sich in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rot im Schnee so prächtig aussah, dachte sie bei sich: "Ach hätt ich doch ein Kind, so weiß wie der Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie der Rahmen". Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz, und ward darum Schneewittchen (Schneeweißchen) genannt. Und wie das Kind geboren war, starb die Königin.
Über ein Jahr nahm sich der König eine neue Frau. Es war eine sehr schöne Frau, aber sie war stolz und übermütig und konnte nicht leiden, daß sie an Schönheit von jemand sollte übertroffen werden. Sie hatte einen wunderbaren Spiegel, wenn sie vor den trat und sich darin bestaunte, sprach sie:
"Spieglein, spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?"
So antwortete der Spiegel: "Frau Königin, ihr seid die schönste im Land."
Da war sie zufrieden, denn sie wusste dass der Spiegel die Wahrheit sagte. Schneewittchen aber wuchs heran, und wurde immer schöner, und als es sieben Jahr alt war, war es so schön, wie Rahjas Tochter, und schöner als die Königin selbst.
Als diese einmal ihren Spiegel fragte:"Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die schönste im ganzen Land?"Da antwortete dieser: "Frau Königin, ihr seid die schönste hier, aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als ihr."Da erschrak die Königin, und ward schwarz und rot vor Neid. Von Stund an, wenn sie Schneewittchen erblickte, kehrte sich ihr das Herz im Leibe herum, so hasste sie das Mädchen. Und der Neid und Hochmut wuchsen wie Dornen in ihrem Herzen immer höher, dass sie Tag und Nacht keine Ruhe mehr hatte. Da rief sie einen Jäger und sprach: "Bring das Kind hinaus in den Wald, ich willst nicht mehr vor meinen Augen sehen. Du sollst es töten, und mir Lunge und Leber zum Wahrzeichen mitbringen." Der Jäger gehorchte und führte es hinaus, und als er den Hirschfänger gezogen hatte und Schneewittchens unschuldiges Herz durchbohren wollte, fing Schneewittchen an zu weinen und sprach: "Ach, lieber Jäger, lass mir mein Leben; ich will in den wilden Wald laufen und nimmer mehr wieder heim kommen." Und weil es so schön war, hatte der Jäger Mitleiden und sprach: "So lauf hin, du armes Kind." "Die wilden Tiere werden dich bald gefressen haben" dachte er, und doch wars ihm als wär ein Stein von seinem Herzen gewälzt, weil er es nicht zu töten brauchte. Und als gerade ein junger Frischling daher gesprungen kam, stach er ihn ab, nahm Lunge und Leber heraus, und brachte sie als Wahrzeichen der Königin mit. Der Koch musste sie in Salz kochen, und das boshafte Weib aß sie auf und meinte sie hätte Schneewittchens Lunge und Leber gegessen.Nun war das arme Kind in dem großen Wald mutterseelen allein, und ward ihm so angst, dass es alle Blätter an den Bäumen ansah und nicht wusste wie es sich helfen sollte. Da fing es an zu laufen und lief über die spitzen Steine und durch die Dornen, und die wilden Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie taten ihm nichts.
Es lief so lange die Füße noch fort konnten, bis es bald Abend werden wollte, da sah es ein kleines Häuschen und ging hinein sich zu ruhen. In dem Häuschen war alles klein, aber so zierlich und reinlich, dass es nicht zu sagen ist. Da stand ein weiß gedecktes Tischlein mit sieben kleinen Tellern, jedes Tellerlein mit seinem Löffelein, ferner sieben Messerlein und Gäbelein, und sieben Becherlein. An der Wand waren sieben Bettlein neben einander aufgestellt und schneeweiße Laken darüber gedeckt. Schneewittchen, weil es so hungrig und durstig war, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemüs' und Brot, und trank aus jedem Becherlein einen Tropfen Wein; denn es wollte nicht einem allein alles wegnehmen. Hernach, weil es so müde war, legte es sich in ein Bettchen, aber keins passte; das eine war zu lang, das andere zu kurz, bis endlich das siebente recht war. Und darin blieb es liegen, befahl sich Praios und schlief ein. Als es dunkel geworden war, kamen die Herren von dem Häuslein, das waren die sieben Zwerge, die in den Bergen nach Erz hackten und gruben. Sie zündeten ihre sieben Lichtlein an, und wie es nun hell im Häuslein ward, sahen sie dass jemand darin gewesen war, denn es stand nicht alles so in der Ordnung, wie sie es verlassen hatten. Der erste sprach: "Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?" Der zweite: "Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?" Der dritte: "Wer hat von meinem Brötchen genommen?" Der vierte: "Wer hat von meinem Gemüs' gegessen? Der fünfte: "Wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen?" Der sechste: "Wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?". Der siebente: "Wer hat aus meinem Becherlein getrunken?" Dann sah sich der erste um und sah das auf seinem Bett eine kleine Delle war, da sprach er: "Wer hat in meinem Bett getreten?" Die andern kamen gelaufen und riefen: "In meinem Bett hat auch jemand gelegen." Der siebente aber, als er in sein Bett sah, erblickte Schneewittchen, das lag darin und schlief. Nun rief er die andern, die kamen herbei gelaufen, und schrien vor Verwunderung, holten ihre sieben Lichtlein und beleuchteten Schneewittchen. "Ei, oh Angrosch!" riefen sie, "was ist das Kind so schön!" und hatten so große Freude, dass sie es nicht aufweckten, sondern im Bettlein fort schlafen ließen. Der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen, bei jedem eine Stunde, da war die Nacht herum.Als es Morgen war, erwachte Schneewittchen, und wie es die sieben Zwerge sah, erschrak es. Sie waren aber freundlich und sagten: "Wie heißt du?" Ich heiße Schneewittchen, antwortete es. "Wie bist du in unser Haus gekommen?" sprachen die Zwerge. Da erzählte es ihnen, dass seine Stiefmutter es hätte wollen umbringen lassen, der Jäger hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wär es gelaufen den ganzen Tag, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte. Die Zwerge sprachen. "Willst du unsern Haushalt versehen, kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen." "Ja", sagte das Schneewittchen, "von Herzen gern", und blieb bei ihnen. Es hielt ihnen das Haus in Ordnung: Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie wieder, und da musste ihr Essen bereit sein. Den Tag über war das Mädchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: "Hüte dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen, dass du hier bist; lass ja niemand herein."

Die Königin aber, nachdem sie Schneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders als sie wäre wieder die erste und aller schönste, trat vor ihren Spiegel und sprach:"Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die schönste im ganzen Land?"Da antwortete der Spiegel:"Frau Königin, ihr seid die schönste hier,aber Schneewittchen über den Bergen bei den sieben Zwergenist noch tausendmal schöner als ihr."Da erschrak sie, denn sie wusste, dass der Spiegel keine Unwahrheit sprach, und merkte dass der Jäger sie betrogen hatte, und Schneewittchen noch am Leben war. Und da sann und sann sie aufs neue, wie sie es umbringen wollte; denn so lange sie nicht die schönste war im ganzen Land, ließ ihr der Neid keine Ruhe. Und als sie sich endlich etwas ausgedacht hatte, färbte sie sich das Gesicht, und kleidete sich wie eine alte Krämerin, und war ganz unkenntlich. In dieser Gestalt ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe, und rief: "Schöne Ware, feil, feil!" Schneewittchen guckte zum Fenster hinaus und rief: "Guten Tag, liebe Frau, was habt ihr zu verkaufen?" "Gute Ware, schöne Ware," antwortete sie, "Schnürriemen von allen Farben", und holte einen hervor, der aus bunter Seide geflochten war. "Die ehrliche Frau kann ich herein lassen" dachte Schneewittchen. "Kind", sprach die Alte, "wie du aussiehst! komm, ich will dich einmal ordentlich schnüren." Schneewittchen hatte kein Arg, stellte sich vor sie, und ließ sich mit dem neuen Schnürriemen schnüren: aber die Alte schnürte geschwind, und schnürte so fest, dass dem Schneewittchen der Atem verging, und es für tot hinfiel. "Nun bist du die schönste gewesen" sprach sie, und eilte hinaus. Nicht lange darauf, zur Abendzeit, kamen die sieben Zwerge nach Haus, aber wie erschraken sie, als sie ihr liebes Schneewittchen auf der Erde liegen sahen; und es regte und bewegte sich nicht, als wäre es tot. Sie hoben es in die Höhe, und weil sie sahen, dass es zu fest geschnürt war, schnitten sie den Schnürriemen entzwei: da fing es an ein wenig zu atmen, und ward nach und nach wieder lebendig. Als die Zwerge hörten was geschehen war, sprachen sie: "Die alte Krämerfrau war niemand als die götterlose Königin: hüte dich und lass keinen Menschen herein, wenn wir nicht bei dir sind." Das böse Weib aber, als es nach Haus gekommen war, ging vor den Spiegel und fragte:Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die schönste im ganzen Land?"Da antwortete der Spiegel:"Frau Königin, ihr seid die schönste hier,aber Schneewittchen über den Bergenbei den sieben Zwergenist noch tausendmal schöner als ihr."Als sie das hörte, lief ihr alles Blut zum Herzen, so erschrak sie, denn sie sah wohl dass Schneewittchen wieder lebendig geworden war. "Nun aber," sprach sie, "will ich etwas aussinnen, das dich zu Grunde richten soll", und mit Hexenkünsten, die sie verstand, machte sie einen giftigen Kamm. Dann verkleidete sie sich und nahm die Gestalt eines anderen alten Weibes an.
So ging sie hin über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe, und rief: "Gute Ware fei!, feil!" Schneewittchen schaute heraus und sprach: "Geht nur weiter, ich darf niemand hereinlassen." "Das Ansehen wird dir noch erlaubt sein", sprach die Alte, zog den giftigen Kamm heraus und hielt ihn in die Höhe. Da gefiel er dem Kinde so gut, dass es sich betören ließ und die Tür öffnete. Als sie des Kaufs einig waren, sprach die Alte: "Nun will ich dich einmal ordentlich kämmen." Das arme Schneewittchen dachte an nichts, und ließ die Alte gewähren, aber kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte, und das Mädchen ohne Besinnung niederfiel. "Du Ausbund von Schönheit", sprach das boshafte Weib, "jetzt ist's um dich geschehen," und ging fort. Zum Glück aber war es bald Abend, wo die sieben Zwerglein nach Hause kamen. Als sie Schneewittchen wie tot auf der Erde liegen sahen, hatten sie gleich die Stiefmutter in Verdacht, suchten nach, und fanden den giftigen Kamm, und kaum hatte sie ihn herausgezogen, so kam Schneewittchen wieder zu sich, und erzählte was vorgegangen war. Da warnten sie es noch einmal auf seiner Hut zu sein und niemals die Türe zu öffnen.Die Königin stellte sich daheim vor den Spiegel und sprach:"Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die schönste im ganzen Land?Da antwortete er, wie vorher:"Frau Königin, ihr seid die schönste hier,aber Schneewittchen über den Bergenbei den sieben Zwergenist doch noch tausendmal schöner als ihr."Als sie den Spiegel so reden hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn. "Schneewittchen soll sterben", rief sie, "und wenn es mein eigenes Leben kostet." Darauf ging sie in eine ganz verborgene einsame Kammer, wo niemand hin kam, und machte da einen giftigen, giftigen Apfel. Äußerlich sah er schön aus, weiß mit roten Backen, dass jeder, der ihn erblickte, Lust danach bekam, aber wer ein Stückchen davon aß, der musste sterben. Als der Apfel fertig war, färbte sie sich das Gesicht, und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an, Schneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus, und sprach. "Ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben's mir verboten." "Mir auch recht", antwortete die Bäuerin, "meine Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken." "Nein", sprach Schneewittchen, "ich darf nichts annehmen." "Fürchtest du dich vor Gift?" sprach die Alte, "siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Teile; den roten Backen ißt du, den weißen will ich essen." Der Apfel war aber so künstlich gemacht, dass der rote Backen allein vergiftet war. Schneewittchen lüsterte den schönen Apfel an, und als es sah, dass die Bäuerin davon aß, so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon in ihrem Mund, so fiel es tot zur Erde nieder. Da betrachtete es die Königin mit grausigen Blicken und lachte überlaut, und sprach: "Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz" diesmal könne dich die Zwerge nicht wieder erwecken." Und als sie daheim den Spiegel befragte:"Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die schönste im ganzen Land?"So antwortete er endlich:"Frau Königin, ihr seid die schönste im Land."

Da hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe haben kann. Die Zwerglein, wie sie abends nach Hause kamen, fanden Schneewittchen auf der Erde liegen, und es ging kein Atem mehr aus seinem Mund, und es war tot. Sie hoben es auf, suchten ob sie was giftiges fänden, schnürten es auf, kämmten ihm die Haare, wuschen es mit Wasser und Wein, aber es half alles nichts; das liebe Kind war tot und blieb tot. sie legten es auf eine Bahre und setzten sich alle siebene daran und beweinten es, und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben, aber es sah noch so frisch aus wie ein lebender Mensch, und hatte noch seine schönen roten Backen. Sie sprachen: "Das können wir nicht in die schwarze Erde versenken," und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen, dass man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein, und schrieben mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf, und das es eine Königstochter wäre. Dann setzte sie den Sarg hinaus auf den Berg, und einer von ihnen blieb immer dabei, und bewachte ihn. Und die Tiere kamen auch und beweinten Schneewittchen, erst eine Eule, dann ein Rabe, zuletzt ein Täubchen.Nun lag Schneewittchen lange Zeit in dem Sarg und verweste nicht, sondern sah aus als wenn es schliefe, denn es war noch so weiß als Schnee, so rot als Blut, und so schwarz haarig wie Ebenholz. Es geschah aber, dass ein Königssohn in den Wald geriet und zu dem Zwergenhaus kam, da zu übernachten. Er sah auf dem Berg den Sarg, und das schöne Schneewittchen darin, und las, was mit goldenen Buchstaben darauf geschrieben war. Da sprach er zu den Zwergen: "Lasst mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt." Aber die Zwerge antworteten: "Wir geben ihn nicht, um alles Gold in der Welt." Da sprach er: "So schenkt mir ihn, denn ich kann nicht leben ohne Schneewittchen zu sehen, ich will es ehren und hochachten wie mein Liebstes." Wie er so sprach, empfanden die guten Zwerglein Mitleiden mit ihm und gaben ihm den Sarg. Der Königssohn ließ ihn nun von seinen Dienern auf den Schultern fort tragen. Da geschah es, dass sie über einen Strauch stolperten, und von dem Schüttern fuhr der giftige Apfelgrütz, den Schneewittchen abgebissen hatte, aus dem Hals. Und nicht lange so öffnete es die Augen, hob den Deckel vom Sarg in die Höhe, und richtete sich auf, und war wieder lebendig. "Ach bei den Göttern, wo bin ich?" rief es. Der Königssohn sagte voll Freude: "Du bist bei mir", und erzählte was sich zugetragen hatte und sprach: "Ich habe dich lieber als alles auf der Welt; komm mit mir in mein Vaters Schloss, du sollst meine Gemahlin werden." Da war ihm Schneewittchen gut und ging mit ihm, und ihre Hochzeit ward mit großer Pracht und Herrlichkeit angeordnet. Zu dem Fest wurde aber auch Schneewittchens gottlose Stiefmutter eingeladen. Wie sie sich nun mit schönen Kleidern angetan hatte, trat sie vor den Spiegel und sprach:"Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die schönste im ganzen Land?"Der Spiegel antwortete:"Frau Königin, ihr seid die schönste hier,aber die junge Königin ist tausendmal schöner als ihr."
Da stieß das böse Weib einen Fluch aus, und ward ihr so angst, so angst, dass sie sich nicht zu lassen wusste. Sie wollte zuerst gar nicht auf die Hochzeit kommen: doch ließ es ihr keine Ruhe, sie musste fort und die junge Königin sehen. Und wie sie hinein trat, erkannte sie Schneewittchen, und vor Angst und Schrecken stand sie da und konnte sich nicht regen. Aber es waren schon eiserne Pantoffeln über Kohlefeuer gestellt und wurden mit Zangen herein getragen und vor sie hingestellt. Da musste sie in die rot glühenden Schuhe treten und so lange tanzen, bis sie tot zur Erde fiel.

Verdammnis. - Teil 7

Der Schlüssel drehte sich mühelos im Schloß und man konnte spüren wie die schweren Riegel die Tür unüberwindbar gegen jeden Eindringling werden ließen. Grimmig lächelte der Zwerg und stecke den Schlüssel ein. Er nahm seinen schwerden Hammer und schulterte ihn. Schwer beladen drehte Agbar sich um und blickte die Straße hinauf. Links und rechts ragten die hohen Häuser Yol-Ghurmaks in den Himmel. Der Schnee auf den Dächern war grau und schwarz gefärbt vom Ascheregen der Schmieden. Die Straße war Schmal, fast wie in Xorlosch... - Erinnerungen an seine Kindheit und die gute Lehrstube glühten kurz auf. Lange vorbei, fast wie in einem anderen Leben. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, die althergebrachten Lehren seiner Väter wirkungsvoll ergänzen zu können durch neues Wissen.
Die Leute in der Straße wichen erfurchtsvoll vor ihm zurück. Man grüßte ihn, zog den Hut. Sie erkannten wie stark er geworden war, niemand hatte solch ausgeprägte Muskeln und solches Geschick am Schmiedehammer je gesehen. Auch wenn er selten seine Werkstatt verließ, so war es heute nötig das Heiligtum seines Meisters zu besuchen. ER verlangte nach Opfern, das spürte Agbar. Der Gedanke ließ ihn noch mürrischer Wirken als sonst. Er tastete nach der eisernen Platte an der Stirn, die er einem Garether Lanzenstoß zu verdanken hatte. Er spürte die kleinen Nägel, mit denen die Platte in der Stirn festgenagelt worden war unter seinen Fingern dahingleitenden . Die Ärzte waren ratlos gewesen, wie man so etwas hatte überleben können. Agbar wußte, wem er es zu verdanken hatte. Dem Ratschlag seines Meisters, der ihm den Weg zum neuen Ruhm zu verdanken hatte: Galotta.
Agbar, Du darfst nicht sterben. Du sollst mein Meisterschmied werden. Der Schmied des Kaisers. ... Und dann hatte Galotta ihm die Augen geöffnet, dass der Preis gering war seinem alten Leben abzuschwören für die neue Macht. Ein Preis, den er innerlich schon lange davor bereit gewesen war zu bezahlen, einer den er zu zahlen bereit gewesen war. Galottas Ratschlag, seine Führung hatte ihn gerettet. Heute war er der Schmied des neuen Kaisers. Der Beste! Der Preis war eine Metallplatte an der Stirn, die nicht schön aus sah und, wie im Augenblick, juckte, aber sonst nicht behinderte. Welche der Dirnen kümmerte schon das aussehen eines Kunden, wenn er fähig war die Preise zu bezahlen. Sich ihm, einem engen Berater seines Kaisers zu wiedersetzen hätte ohnehin niemand getraut. Er nahm sich, was er wollte. Die Platte interessierte ihn nicht mehr.
Die Menschen auf der Straße grüßten ihn heute ehrfurchtsvoll, gingen ihm aus dem Weg, manchmal sahen sie ängstlich weg um seinem strengen Blick auszuweichen. Einige huschten sogar in den Schatten. Über diese Schwäche konnte man nur lachen. Er dachte an die Willenlosen die in seinen Schmieden arbeiteten, die Gefangenen die seine Öfen heizten. Unterworfen und willig gemacht durch die Diener des Kaisers, bereit gemacht um diesem Waffen und Rüstung zu schmieden: Kaiser Galotta! Durch Agbars Hand und Können...
Endlich erreichte Agbar das Ziel.
Er erinnerte sich, dass hier der Turm der Inquisition gestanden hatte, bevor die Stadt erobert worden war. Heute sah man nur noch Steinquader chaotisch verteilt in einem Ring um einen zwanzig Schritt durchmessenden Lavasee liegen. Hier war für Agbar das eigentliche Herz der Stadt. Man meinte über dem blubbernden See in der Hitze öfters Gesichter in der flimmernden Luft zu erkennen. Vielleicht die Seelen der Zwerge die hier geopfert worden waren, weil sie nicht ihrem Gott abgeschworen hatten. Zischend stieg eine gelbe Dampfwolke zur Bestätigung seines Gedanken auf. Ein Mahlstrom aus Lava tobte im Inneren der Lava. Hatte dies erst gerade begonnen? Agbar hatte den Eindruck der Ort hätte sein Kommen ersehnt.
Agbar erreichte den schwarzen Amboß und packte den Inhalt seiner Tasche aus. Die kleine Schmiede am Rand des Lavasees war extra für diesen Auftrag aufgebaut worden. Der Kaiser verlangte nach einer Waffe und Agbar würde sie ihm geben, auch wenn er nicht wusste was dieser ausgerechnet mit einem Schwert wollte. Ein Geschenk für Haffax? Ein Geschenk für einen seiner Generäle? Die Befehle des Herren hätte er ohnehin nie hinterfragt.
Agbar prüfte das Material und die Schmiede. Dann füllte er den Schmelzbehälter mit dem wertvollen Erz und setzte es in den Lavasee. Durch die Hitze entflammte urplötzlich sein Handschuh. Zischend zerfraß die Hitze das Leder und eine skelettförmige Hand aus glänzendem Stahl kam zum Vorschein. Ja, das Agrimothäum war bereit. Und er, Agbar mit den Stahlknochen, ebenfalls.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Verdammnis. - Teil 6

Regen prasselte an die Scheibe, die in dem garethischen Fensterrahmen hing. Ein Blitz zuckte über den Himmel und tauchte das Turmzimmer für einen Augenblick in gespenstisches Licht. Der Mann wischte sich über die Oberlippe, wo der Tropfen Blut, der aus seiner Nase gelaufen war einen langen Striemen hinterließ. Es kümmerte ihn nicht. Gedankenverloren lächelte der Mann schräg, den Blick starr auf das tobenden Gewitter außerhalb der schützenden Mauern gerichtet. Vielleicht hätte man ihn als wahnsinnig bezeichnet, hätte jemand sein Gesicht gesehen.
Wieder Blitze es, diesmal schlug der Blitz ganz nah ein und es donnerte. Die Schatten des Raumes zuckten zurück in die dunkelen Ecken. Der Mann drehte sich um und ging zurück zu seinem Labortisch. Zahllose Elixiere und Zutaten standen auf dem Tisch, sein neuestes Ergebnis lag behütet in einer kleinen Kiste mit samtenem Schutzkissen. Bald würde die Stunde sein um den Inhalt der Glasphiole zu testen. Dann tönte der Gong vom Praiostempel, wie eine letzte Mahnung vor seinem Plan über die Stadt. Der Mann drehte die Sanduhr um, die genau 13 Teile einer Stunde laufen würde. Dann wäre es 13 Minuten nach Mitternacht. Mehr des Symbols halber hatte er diesen Zeitpunkt ausgewählt, nicht etwa um dem Namenlosen zu huldigen. Aberglaube! - Zufällig war dies die Zeit, die der Trank brauchte um nach der Mischung mit diesem Abraxas (bosp. "Auslöser") seine Wirkung zu zeigen.
Irrwitzig lächelnd schloß er die Hand um die letzte, wichtigste Essenz, die er benötigt hatte um diesen Trank zu vollenden: menschliches Blut. Sein eigenes, so kostbar. Er wusste, dass dies Risikoreich war - wurde Blut ja auch oft bei Ritualen der Magier und Götzenanbetern benutzt, dennoch war es unabdingbar diesen Einsatz zu wagen, um sein Ziel zu erreichen. Ein Stöhnen durchdrang den Raum. Lächelnd beobachtete der Gelehrte wie das Blut in sein Elixier rann und sich vermischte. Fast sah es aus, als würde eine rote Wirbelsäule in der klaren Flüssigkeit schwimmen.
Er war zufrieden mit seinem Werk und gab ein kurzes Knurren zur eigenen Bestätigung von sich.
"Hic et nunc" murmelte er zu den Schatten "hier und jetzt.. und ihr seid meine Zeugen. Ist es nicht Fabelhaft, ich schenke der Welt eine neue Ordnung und lasse Euch teilhaben."
Er kicherte.
"Das Ergebnis langer Arbeit. Es kann nicht schief gehen. Alles ist Perfekt. Ein Mittel um Golgari aus dem Weg zu gehen. Wie lange ich schon danach suche.. was ich alles geopfert habe. Und wo ist der Dank der Menschen?" Seine Hand ballte sich zur Faust. "Hohn und Schmach zu meinen Ideen oder die Angst vor ihren Göttern. Darauf Spucke ich!
Schon seit dem Tod meines Großvaters graust es mich über den Tod nachzudenken. Damals kümmerte sich der Boronjünger um uns, die Hinterbliebenen. Das heißt er versuchte es.. - dieser wirre Kautz mit seiner stoppeligen Tonsur, der blassen Haut und seinen gruseligen dunkelen Augen. Selbst ein wandelnder Alptraum. Worin lag sein Trost? Ihn holen Phrasen, die Litanei seines Gottes wiederholend: Frieden Borons. Göttliche Paradiese.
Der Tod jedenfalls fasziniert mich seit damals. Ich wurde Alchimist, genau wie mein Vater. Tränke um den Menschen ihre Leiden zu erleichtern. Bei Einzelfällen sogar um ihnen das Leiden zu ersparen.. Diese Narren, dachte ich mir. Ich wollte nie sterben, nein. Eine Angst die mich bis heute treibt. Dennoch, mein Familienglück fand ich. Ich setzte selbst Leben in die Welt, um die Angst vor dem Vergehen zu vergessen. Ich Thor! Als die Rote Keuche nach Drôl kam, schützten uns auch meine Elixiere nicht. Die Sterbenden trommelten an meine Türe. Und selbst meine eigenen Kinder konnte ich nicht schützen..." plötzlich wurde seine Stimme schneidend "WO WAR DA DIE GNADE DER GÖTTER? Kinder! Sinnlos zu Boron gegangen. Auch alle anderen starben... Und selbst für die, für die das Boronrad bis dahin noch ein Zeichen der Hoffnung auf ihre Paradiese war, wurde es ein Zeichen des Todes. Ein Zeichen der Angst!"
Der Mann wischte sich wieder mit dem Ärmel über seine blutende Nase. Verdammt seinen die ätzenden Gifte, die er in der Vergangenheit eingeatmet hatte.
"Nur meine Frau und ich blieben übrig. Alle Verwandten tot. Auch wenn wir reich erbten, was war das für ein Preis! Die Götter wollten aber noch weiter über uns spotten. Sie schenkten meiner Frau das Glück einer weiteren Schwangerschaft. - Und zu welchem Preis? Das sie auf dem Kindsbett starb und nur das Kind überlebte. Und selbst dieses Glück, meine kleine Prinzessin, nahmen sie - oder er, Boron! - mir durch einen lächerlichen Unfall auf der Straße."

Der Mann spuckte einen klumpen Schleim in bereit stehendes Becken und wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Er röchelte, richtete sich aber dann wieder auf und sah auf die kleine Sanduhr, die neben der einzigen Kerze im Raum stand. Die Kerze flackerte und es schien so als würden die Schatten gegen dieses winzig kleine Licht ankämpfen.
"Damals lies ich Drôl hinter mir.." sprach er weiter in die Dunkelheit. Seine Stimme schien sich etwas gefestigt zu haben, nicht mehr so heiser wie kurz davor. "Geld hatte ich ja genug. Also machte ich es mir zum Ziel ein 'Elixier des Lebens' zu finden, welches geliebte Menschen ... retten konnte vor der Hand des dunkelen Götzen. Doch mit meinen Forschungen wurde der Schatten in meinem Leben nicht kleiner. Natürlich. Wer hätte schon Lust das noch einmal durch zu machen, all das Leid. Nolens volens, Wohl oder übel, machte ich mich daran die Forschung zu meinem Lebensinhalt zu machen. Einmal beleidigte mich ein Boronpfaffe in Mengbillar eines Borbaradianischen Forschungsdrangs. Verblendeter Narr. Er bemühte sich, wie er sagte, um mein Seelenheil. Trotzdem schien er Angst vor dem Tod zu haben, als er schließlich erkrankte. Ich war bei ihm als er starb. Natürlich. - Die Nacht der Nächte in meinem Leben, muss ich sagen. - Kurz nach seinem Tod fand ich in einem Versteck ein Buch. Es traf mich wie der Blitz - dieser verfluchte Pfaff hütete schon seit Jahren eine Ansammlung 'nicht göttergefälligen' Texte und Rezepte. Kein Wunder das er aus heiterem Himmel plötzlich in meiner Tür gestanden hatte um mich zu 'warnen'. Wahrscheinlich wollte er allen Ruhm für sich - oder er wollte verhindern das sein Götze keinen Nachschub an Seelen mehr erntete. In einem der Texte stand, die Macht der Götter basiere nur auf den Seelen der Verstorbenen. Mit den Seelen bekämen sie ihre Macht. Und nur die Priester würden angeblich einen wirklichen Status im Himmel erhalten, je mehr Seelen sie 'retteten', desto besser würde es ihnen dort gehen. Kein Wunder warum die Götter alle Seelen für sich behalten wollen. Und das sie möglichst schnell an die Seelen kommen wollen.
Ich sehe heute die Wahrheit in den Texten die ich damals fand. So viel Macht wie ich durch die Elixiere erlangte hätte ich sonst nie erreicht. Eines Tages fand er mich, MEIN Gott. Er versprach mir das Geheimnis des Elixiers zu geben, würde ich einige verlogene Boronpfaffen beseitigen. Es war eine Genugtuung für mich, auf dieses Angebot einzugehen. Ja, auch wenn er eine beängstigende Macht hat, so teilt er sie doch auch mit seinen Jüngern. Sogar die Gabe seiner Kraft hat er mir geschenkt. Nicht wie bei den Pfaffen mit ihren lächerlichen Liturgien. Nein, mir schenkte er sogar die Kraft Tote zum Wandeln zu bringen. Zwar nur ihre Gebeine der Toten, völlig ohne Geist, aber dennoch half mir dies des öfteren. Schön waren sie freilich nicht, diese Wandelnden Leichname, aber heute wird sich das ändern. Heute werden die Toten mir ihrer Seele zurückgeholt aus dem Reich Borons' Finsternis. Und DU wirst der erste sein, dem diese Gabe zuteil wird. Es wird Zeit. Thargunitoth ich rufe Dich..."
Der Schatten, der Stumm dem Monolog gefolgt hatte, versuchte sich zu regen. Es kam jedoch keine Regung in seine Gleider. Wie Fesseln hatte sich Mattigkeit auf seinen Körper gelgt. Der götterverfluchte Wahnsinnige hatte ihm sicher Gift untergemischt. Nackt lag der Schatten auf dem kalten Tisch, nackt, ohne die Rüstung und seinen Glücksbringer das kleine Boronrad, welches er immer getragen hatte. Dem Golgariten hätten sich die Augen geweitet, wenn dies möglich gewesen wäre, als die verätzte Fratze des Totenbeschwörers über ihn beugte und ihm das Mittel in den Mund goß....

Dienstag, 10. Februar 2009

Verdammnis. - Teil 5

Lieber Sohn,

ich sende Dir diese Zeilen von Praiosdank auf der Insel Jilaskan aus, einer Insel die im Süden Maraskans liegt. Ich diktiere meine Worte einem Geweihten und gebe den Brief einem der wenigen Handelsreisenden mit, die diese verlassene Inseln besuchen und hoffe, er wird dich irgendwann in Al'Anfa erreichen. Mögen die Götter geben, dass meine Worte dich erreichen, denn dies ist der einzige Wunsch, den ich noch habe. Falls ich die seltsame Krankheit nicht überlebe, an der ich erkrankt bin, behalte meine Worte im Herz und lass sie Dir eine Warnung sein.

Es tut mir, Travia ist mein Zeuge, leid, dass ich so wenig Zeit für Euch hatte. Wie Du weisst habe ich schon immer für die Familie Mikals Adravci's gearbeitet. Immer stand ich an der Seite dieses Mannes und habe alles für ihn erledigt. Sicherlich haben wir viele Fehler gemacht, jedoch wollte ich immer das beste für Al'Anfa, die Familie Adravci und schließlich unsere Familie erreichen. Heute weiß ich um meine Fehler immer unterwegs zu sein, um Geld zu machen. Es wundert mich das Deine Mutter, obwohl wir uns oft über Wochen nicht gesehen haben, immer zu mir gehalten hat. Heute erkenne ich das es wichtigeres gibt als das Gold, welches uns geblendet hat.

Nun, dennoch fange ich vorne an.

Ich lernte Mikail Adravci einst in einer durchaus übelen Spelunke in Al'Anfa kennen. Wir unterhielten uns, berauscht von Wein und Rum, über unsere Pläne. Er war neu in der Stadt, Sohn eines Bornländers und einer Almaderin und erst seit einigen Tagen in Al'Anfa, einer Stadt die damals noch für Hoffnung stand.

Wir unterhielten uns also und auch in den Tagen danach blieb mir die Begegnung mit ihm im Kopf. Der Mann hatte Charisma und würde es sicherlich weit bringen, dachte ich - und hatte sicherlich Gespür fürs Geschäft. Einige Tage später klopfte es, der Mann stand vor meiner Tür. Er bot mir an, ich könne für ihn arbeiten und er brauche mich als Kontaktmann in der Stadt. Damals war ich noch Junggeselle und das Studium der Justiciae hing mir zum Hals raus. Er drängte mich sofort zuzustimmen und so willigte ich schon abends, nachdem er mich von seinen Plänen überzeugt hatte, ein, sein Partner zu werden.

Wir arbeiteten in den nächsten Jahren daran, Geschäftsbeziehungen ins Bornland aufzubauen. Mikail und ich schafften es durch wahrliche Finesse und Tatendrang, innerhalb der nächsten Jahren ein gesundes Kontor aufzubauen. Auch durch geschicktes knüpfen von Beziehungen gelang es uns schnell innerhalb der Gesellschaft Al'Anfas aufzusteigen. Der Höhepunkt damals war die erste Heirat Mikails - mit einer jungen Dame aus reichem Hause in Festum.

Leider war die Ehe nicht Tsagesegnet und die junge Frau starb bei der Geburt des Sohnes von Mikail. Trotzdem blieb die Beziehung zum Handelshaus in Festum - auch wegen der guten Gewinne - erhalten.

Wir verdienten wahrlich genung, doch Mikail schien es nicht genung zu sein. Er hegte einen großen Traum: Als Questador im Süden Schätze zu finden oder eine Kolonie aufzubauen. So überredete er mich, Phex will wissen wieso, unser Geld in eine waghalsige Acción anzulegen. Wir brachen mit zwei "Expeditionsschiffen" auf und suchten nach einer Insel, von der Mikail gehört hatte. Woher er diese Information auch immer hatte, verschwieg er, aber die Insel gab es wirklich. Sogar einige Echsenheiligtümer haben wir dort im Dschungel entdeckt. Jedoch fing damit auch der Fluch der Echsen, wie ich es nenne, an.

Mit dem Gold der Echsen konnten wir die Insel zur Kolonie ausbauen und unsere Gewinne stiegen ins unsermessliche. Obwohl Mikail sich einen gewissen Luxus leistete, blieb er dabei immer recht Bescheiden. So litt er auch nicht so unter dem Einbruch des Handels im Zuge des Krieges mit dem Horasreich, auf das ich meinen Geschäftszweig weitgehend ausgerichtet hatte. Als guter Freund richtete er mir einen Kredit ein, als mein Geld zu Ende ging. Unser Kontor drohte in Schieflage zu geraten und so überschrieb ich ihm die meisten der Anteile und er übernahm die Leitung - und meine Schulden - bis ich mich geschäftlich erholt habe.

Ich weiß bis heute nicht, wie ich überhaupt in eine solch missliche Lage geraten konnte, Phex schien sich damals gegen mich verschworen zu haben. Eigentlich war ich nie verschwenderisch und immer der vorsichtigere von uns beiden, dennoch schien Mikail immer das phexgefälligere Händchen zu haben. Nun, obwohl ich nun nicht mehr die Leitung des Kontors mit Inne hatte, gestattete mir Mikail meinen Lebensstandart durch ein Üppiges Gehalt zu erhalten und übertrug mir die Leitung des Kontors in Festum. Ich willigte zu, auch um Euch in Al'Anfa Euren Lebensstil zu versichern, auch wenn mich dies von euch über einige Jahre trennte.

Andererseits war ich auch froh, dass die Last der Geschäftsführung von mir abfiel. Die Götter wollten es wohl, dass Mikail das Geschäft leitete. - Als er einmal völlig überraschend in Festum auftauchte, hatte er es sogar noch geschafft seine Körperfülle abzubauen. Wie du weißt, zog er sich nach dem Unfall mit der Kutsche, bei dem sein Sohn damals ums Leben kam, das Bein nach, was ihm jegliche Bewegung erschwerte. Er hatte sich gerade einen ziemlich geschmacklosen Stab zugelegt, auf dem ein kleines Goldauge, wie er behauptete ein Überbleibsel aus dem Echsenschatz, prangte. Er behauptete augenzwinkernd, es würde ihn daran erinnern dass Praios - und die Konkurrenz - nie schlafen würden.

Die Ironie an dieser Sache wurde mir kurz danach bewusst, nachdem er mich ins Vertrauen zog. Während draußen der Herbst in Festum mit der Anreise Mikails begann, zog dieser die Fensterläden zu und erzählte mir von seinem Plan:
Er hatte Geschäftsbeziehungen zu einem 'Freibeuter' auf Maraskan aufgebaut und wollte die waren von diesem über sein Handelshaus verkaufen. Mir blieb die Sache bis zum Ende unheimlich. Sicherlich hat man im Geschäftsleben oft Tricks und Kniffe am Rande der Gesetze versucht, aber nie haben wir mit Piraten zusammengearbeitet!! Mikail überredete mich dazu, mir die Sache zu überlegen und reiste am nächsten Tag, etwas verärgert, ab.

In den folgenden Monaten traf es das Bornland hart:
Eine Hungersnot ließ die Gewinne im Kontor einstürzen und zudem schwächte auch die blutige See unsere Absätze. Immer wieder verschwanden Lieferungen.
Wieder schien der Fluch des Phex uns zu treffen, unser Geschäft auf Echsengold errichtet zu haben. Zumindest mich, denn Mikail schien trotz der Krisen weiterhin Gewinne einzufahren. Wir wechselten viele Briefe, er wollte jedoch nicht von seiner Idee abrücken. Schließlich berichtete er mir sogar, ich würde schon längst mit Piratengut handeln, ohne es zu wissen. Sogar vor seiner "Einweihung" in seinen Plan, hätte ich dies schon getan. Außerdem behauptet er meine liebreizende Frau würde mir fremd gehen und er hätte Euch "zum Schutz" zu sich genommen. Ich denke damit wollte er mich Maultot machen, dennoch bewegte mich dies schließlich zum Aufbruch nach Al'Anfa.

Ich bestieg also, entgegen meiner Neigung dies nur ein mal im Jahr zu tun, schnellstmöglich das nächste Schiff. Jedoch gerieten wir auf Hoher See in einen Sturm. Efferd allein beschützte uns und wir gerieten in den Hafen von Praiosdank auf Jilaskan. Die Praiospfaffen hier durchsuchten das Schiff und fanden Dokumente, die besagten, wir hätten Schmuggel betrieben. Obwohl beweisen konnte, das ich nichts damit zu tun hatte, musste ich an Bord im Hafen bleiben. Zur Aufsicht, ich durfte den Hafen nur mit Begleitung von einem ihrer "Lichtlegionäre" betreten, bis über mein Schicksal entschieden sei. Da der Hafen nicht sonderlich viel her gibt, betrat ich nur einige Male die Schenke, welche jedoch auch recht streng geführt wird. Nach einigen Tagen bemerkte ich das mir oft Schwindelte und es entwickelte sich ein Geschwür am Arm, welches nicht wirklich weg gehen will. Es breitet sich, im Gegenteil, sogar aus und mittlereweile hat man das Schiff abgesperrt und ich darf mich nur noch in der Kabine aufhalten. Nachts träume ich von Schatten die mich verfolgen und ich hege die Befürchtung ich habe mir hier etwas eingefangen von dem ich mich nicht mehr erholen werde.

Ich glaube das unsere Gier und das Echsengold schuld an meiner Lage ist und bereue zutiefst, so viel Falsch gemacht zu haben. Bitte verzeih mir. Ich würde Dir gerne noch so viel sagen, aber das Papier was mir zugestanden wurde läßt nur noch folgendes zu:

Hab Acht vor Mikail. Er ist in den letzten Jahren immer Skrupelloser geworden. Auch ist mir im Nachhinein immer schleierhafter, wieso diese ganzen seltsamen Unfälle passiert sind, sogar mit seinen eigenen Familienmitgliedern. Auch möchte ich es als fragwürdiges "Glück" bezeichnen, dass immer wieder Geschäftsgegner von uns erkrankten. Ich befürchte, Mikail hat sie vergiftet oder ihnen Fallen gestellt. Ihm ist alles zuzutrauen! Am besten nimmst Du die Familienschätze und fliehst mit Deiner Mutter an einen anderen Ort. Lass Al'Anfa hinter Dir und zieh dich von Mikail zurück. Er ist mir nicht mehr geheuer und ihm ist alles zuzutrauen!

Mögen die Götter Euch behüten!
Dein Vater, Vastilio.